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Rock - pinker Rollkragenpulli - Turnschuhe

Was ein Trademark Look ist und weshalb ich dazu stehe

"Kleider machen Leute" wusste schon Gottfried Keller. Was es damit auf sich hat, dass ich fast immer denselben Look trage, erfährst du hier.

Johnny Cash hatte einen, Steve Jobs hatte einen, Karl Lagerfeld hatte einen, Mark Zuckerberg hat einen, Barack Obama hat einen und wenn wir in die Historie und nach Österreich schauen, dann hatte auch Kaiser Franz Joseph einen. Wovon die Rede ist? Von einem "Trademark Look" oder "Signature Look". In abgeschwächter Form ("Signature Icon") haben das die meisten bekannten Menschen (Angela Merkel die Raute, Wolfgang Schüssel die Fliege...zumindest bis er Kanzler wurde usw.). Zugegeben: Bei Frauen findet man einen Trademark Look eher selten (außer vielleicht bei Marge Simpson). Die Frage ist nun: Warum?

Beginnen wir aber zuerst einmal mit der Frage: Wieso überhaupt ein Trademark Look?Machen das die Menschen, weil sie kein Modebewusstsein haben? Weil sie sich keinanderes Gewand leisten können? Aus Protest gegen die Modeindustrie? Was stecktdahinter?

Das finanzielle Argument (man kann sich keine andere Kleidung leisten und trägt deshalb immer wieder dasselbe) trifft bei Trademark Looks in der Regel nicht zu. Sowohl bei Steve Jobs als auch bei Mark Zuckerberg waren es definitiv keine finanziellen Engpässe, die sie dazu veranlasst haben, in Jeans und Rollkragenpulli oder in Jeans und T-Shirt aufzutreten. Die Nullen auf ihren Konten hätten wesentlich extravagantere Kleidung zugelassen. Und auch bei mir ist es nicht der Grund. Ich erwache jeden Morgen in tiefer Dankbarkeit an die Menschen in Österreich, die durch ihre Steuerleistung gemeinsam mein Gehalt bezahlen. Und das nicht erst seit ich Abgeordnete bin, sondern schon seit 2018, da ich seit damals im öffentlichen Dienst tätig bin. Meine Gründe dafür häufig denselben Look zu tragen sind vielfältig:

#1: Entscheidungsfreude erhalten
Jeden Tag müssen wir durchschnittlich 20.000 Entscheidungen treffen. Wann steh ich auf? Was frühstücke ich? Welches Makeup lege ich auf? Was gebe ich meinem Kind mit zur Jause? Was zieh ich an? Passt das für alle Termine? Und so weiter und so fort. Jede dieser Entscheidungen raubt uns Kraft und trägt zur Entscheidungsmüdigkeit bei, wie die Psychologin Kathleen Vohs in ihrer Forschung festgestellt hat. Ein Weg um die Entscheidungsfreude möglichst lange am Tag zu erhalten ist es, Routinen zu etablieren und die Entscheidungsanzahl zu minimieren. Wenn ich nicht jeden Tag darüber nachdenken muss, was ich denn heute wieder anziehe, macht das Kapazitäten im Kopf frei um mich lieber mit der Frage zu beschäftigen: Wie kann ich Österreich heute besser machen?

#2: Wiedererkennungswert
Ein Trademark Look trägt zur Wiedererkennung bei. Es fällt Menschen damit leichter mich zuzuordnen. Gerade als Frau mit der stattlichen Größe von 167 cm und meiner Rolle als Quereinsteigerin ins Parlament, die aufgrund der Themenlage und ihren Sprecherrollen nichtjeden Tag auf den Titelblättern der Tageszeitungen zu finden ist, ist das hilfreich. Es gibt mir, meiner Partei und vor allem meinen Anliegen Sichtbarkeit.

#3: Profession vs. Privat
Ein Trademark Look ist ein bisschen auch wie eine Uniform. Wenn ich ihn trage, trete ich damit auch bewusst öffentlich in meiner Rolle als Politikerin auf. Wenn ich privat bin und z.B. am Wochenende in einen Club, mit Freunden essen oder auf einen Berg gehe, dann trage ich auch etwas anderes. Genauso wie ich zuhause in meine Jogginghosen und mein Schlabber-T-Shirt schlüpfe um meine Hausarbeit zu erledigen.

#4: Gegen Fast Fashion
Kaufe ich denn nicht gern Kleidung? Ja, schon, aber: Ich bin ein umweltbewusster Mensch, versuche das auch zu leben und hier mit gutem Beispiel voran zu gehen. Ein Aspekt der Nachhaltigkeit von Kleidung ist die Trage-Anzahl. Erst, wenn ein Kleidungsstück mindestens 30 mal getragen wurde ist es annähernd nachhaltig. Selbstverständlich besitze ich auch Kleidungsstücke, die ich nicht so oft trage, weil mir die Gelegenheit dazu fehlt (z.B. mein wunderschönes Ballkleid, das ich mir im Herbst hatte, das ich aber bislang noch kein einziges Mal getragen habe, weil sich keine Gelegenheit dazu geboten hat...), aber prinzipiellversuche ich diese 30 Mal zu erreichen. Ich mag Mode. Wirklich! Aber ich denke wir sollten im Sinne der zukünftigen Generationen hinterfragen, wie häufig es tatsächlich notwendig ist neue Kleidung zu kaufen. Ist es nicht besser zu Klassikern zu greifen, in denen wir immer schick aussehen und die wir auch locker die 30 Mal oder sogar öfter tragen können?

#5: Meine Emanzipation in a nutshell
17 Jahre lang habe ich keine Röcke oder Kleider getragen. Ich habe mir nämlich einreden lassen, dass ich darin nicht gut aussehe. Als ich angelobt wurde hatte ich daher auch einen anderen Plan: Ich habe mir fünf blaue Hosenanzüge gekauft (Größe 40) um diese zu nutzen.Durch meinen neuen Beruf änderte sich auch vieles in meinem Privatleben. Nach 17 Jahren war nun niemand mehr da, der sagte, ich sehe in Röcken nicht hübsch aus. Gleichzeitig brauchte ich diese Bestätigung von außen nicht mehr. Im Sommer 2022 hatte ich so viel abgenommen, dass mir die Hosenanzüge sowieso nicht mehr passten, weil ich auf Größe 36gesundgeschrumpft war. D.h. ich brauchte neue Kleidung, weil ein Gürtel allein es nicht mehr richten konnte. Meine Wahl fiel auf einen dunkelblauen Rock. Dunkelblau, weil ich michdurchwegs als seriös einstufe. Ein Rock als Symbol meiner neuen inneren Freiheit. Pink/Rosa habe ich lange Zeit abgelehnt. Vor allem in meiner Jugend. Die Farbe war mir zu weiblich - und damit auch zu schwach. Ich wollte nie süß sein. Nie mädchenhaft. Ich wollte ernst genommen werden. Heute trage ich Pink mit Stolz. Für mich ist es eine Farbe, die Lebendigkeit symbolisiert und Kraft, gleichzeitig aber auch Leichtigkeit. Und wieso der Rollkragen? Er ist für mich die Verkörperung einer weiteren Eigenschaft: Meiner Intellektualität und meine Affinität für den Existenzialismus. In weiß wurde der Rollkragenpulliübrigens lange auch mit Feminismus assoziiert. Als nächstes: Warum die Turnschuhe? Manchmal Chucks, manchmal weiße Viejas: Sie sind Ausdruck meiner inneren Jugendlichkeit (bitte nicht verwechseln mit Unreife!!!) und ein bisschen auch eine Auflehnunggegen das Establishment. Schließlich: Warum der Dutt? Ein bisschen Audrey Hepburn geht immer, nicht wahr? Sie ist für mich eine Stilikone, die etwas Zeitloses verkörpert. Außerdem kann ich mit geschlossenen Haaren besser denken :-) Bei der Jacke wechsle ich: Cooler undmir mehr entsprechender ist meine Vleather-Jacke in schwarz. Dem Hohen Haus entspricht aber der hellblaue Blazer (der eigentlich grau sein sollte) mehr.

Ich wurde auch gefragt, ob mein Trademark Look nicht gegen die Authentizität spricht, die man sich von Politiker:innen zurecht erwartet. Nein, das glaube ich nicht. Ganz im Gegenteil:Mein Trademark Look ist in jeder Faser Ausdruck meiner selbst. Meiner Lebenserfahrungen. Meiner persönlichen Entwicklung. Er ist Ausdruck innerer Stärke, weil ich dem Verlangen derGesellschaft nicht nachgebe, das vor allem uns Frauen betrifft, mir jedes Mal, wenn ich in dieÖffentlichkeit trete, etwas anderes anzuziehen, und weil ich die Hosen anhabe, selbst wenn ich einen Rock trage. Ich mache es nicht mehr von anderen Menschen abhängig zu definieren wie ich hübsch bin. Am Weltfrauentag war ich bei einem Frauenkaffee eingeladen und es wurde die Frage gestellt: "Was macht uns Frauen schön?" Meine Antwort darauf ist: "Wir uns selbst.", auch wenn ich lange Zeit gebraucht habe um das zu sehen, zu verstehen und zu verinnerlichen.

Ich spüre aber auch, dass ich vor dem nächsten Schritt stehe meinen Look wieder anzupassen. Ich bin noch nicht zufrieden oder anders gesagt: Seit letztem Sommer habe ichmich auch in meinem Inneren wieder so weiter entwickelt, dass das äußerlich nach einer Entsprechung verlangt. Also: Stay tuned! Es wird sich was tun ;-)

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